
Unsere kreative Kraft sucht sich manchmal auch dort Wege, wo wir es gar nicht erwarten - oder sogar gar nicht unbedingt wollen.
Heute erzähle ich mal etwas über meinen kreativen Ausdruck am Klavier, der einen ganz schönen Umweg ging, um dort anzukommen, wo er heute ist.
Lange Zeit lag mein eigenes Klavierspiel ziemlich auf Eis, weil ich gar nicht mehr richtig wahrnehmen konnte, was und wie ich eigentlich spielen möchte. Und es brauchte ganz schön viel Geduld und
Fingerspitzengefühl, damit ich das schließlich wieder heraus fand.
Doch das Ganze findet schließlich ein Happy End...
Ja - und davon gibt´s heute auch mal eine kleine Hörprobe ;-)
Die eigenen Ansprüche - und wie sie sich auf die Kreativität auswirken
Vielleicht kennst du das ja auch: du willst deine Kreativität zum Ausdruck bringen, durch Klavier spielen oder auch irgend etwas anderes. Du hast eine bestimmte Vorstellung davon, wie es sein
soll: wie es klingt, wie du es dir erarbeitest. Und dann klappt das aber leider gar nicht so, wie du dir das so gedacht hast!
Bei mir war es so, dass ich mein Klavierstudium 1999 abgeschlossen habe und so ungefähr dachte: "Jetzt weiß ich, wie Klavierspielen geht, nix wie ran, Programm raussuchen, üben, auftreten." Ja,
und dann kam alles doch ziemlich anders!
Ich merkte mit der Zeit immer mehr, dass mir die "antrainierte" Art, mit der Musik umzugehen, eigentlich überhaupt nicht mehr gefiel. Ich hatte im Klavierstudium viel Know-How
gelernt, wie ich mir ein Stück aneigne.
Was ich aber zur gleichen Zeit auch gelernt habe, das waren bestimmte Vorstellungen davon, wie ich "richtig" mit der Musik umzugehen habe. Wie es klingen "muss", damit es eine
Ernst zu nehmende Interpretation ist. Wie ich spielen muss, damit es den Ansprüchen genügt, die andere an mich stellen würden.
Wenn der "innere Kritiker" zuschlägt
Um es kurz zu machen: im Grunde hatte ich VERlernt, auf mein eigenes Gefühl zu hören, wie ich mit der Musik umgehen möchte, was ich dort zum Ausdruck bringen möchte - und wer ich eigentlich BIN, ohne dass ich mich dabei irgendwie "verkaufen" müsste.
Diese Prägung durch mein Studium saß ziemlich tief, wie ich mit der Zeit entdeckte.
Ich bemerkte, dass es mir ziemlich schwer fiel, meinem Gefühl in der Musik wirklich Ausdruck zu geben. Ich bemerkte, dass ich immer, wenn ich Klavier spielte, Stimmen in mir hörte, die sagten: "Das ist nicht gut genug! Lass es lieber gleich sein, es gibt so viele, die besser sind als du, da brauchst du gar nicht anzufangen!"
Tatsächlich ließ ich mich von diesen Stimmen einige Jahre lang einschüchtern. Ich legte meinen eigenen musikalischen Ausdruck mehr oder weniger auf Eis - und manchmal fühlte sich meine Kreativität an, als wäre sie mir selbst hinter dicken Mauern verborgen.
Den Kopf ausschalten und dem eigenen Gefühl vertrauen
Irgendwann vor etwa 4 Jahren hörte ich dann durch Zufall Musik, die etwas in mir berührte. Wo ich spürte: "Da ist etwas!" Ich spürte eine ganz tiefe Resonanz in mir, wo ich bemerkte, dass ich einfach Lust hätte, diese Musik zu spielen.
Als ich dann begann, Stücke von Ryuichi Sakamoto und Ludovico Einaudi zu üben, merkte ich: "Ja, das ist es! So geht es! So kommt meine Kreativität am Klavier zum Ausdruck!"
Und so fand ich Schritt für Schritt einen Weg, meinen Ausdruck wieder ins Fließen zu bringen. Ich fand auch meine Selbstsicherheit wieder, mit der ich sagen konnte: "Das spiele ich - egal ob es euch gefällt oder nicht. Es ist eben MEIN Ausdruck."
Und so ist es auch heute noch so, dass ich eigentlich gar nicht genau sagen könnte, warum ich die Stücke gerne spiele, die ich spiele. Sie sprechen einfach ganz tief in mir etwas an. Und dem folge ich. Ich schalte meinen Kopf aus, der manchmal immer noch dazwischen plappert - und spiele.
Und das ... macht mir einfach Spaß und tut mir unendlich gut!
Und hier gibt´s eine kleine Hörprobe davon, pünktlich zur Adventszeit: "Merry Christmas, Mr. Lawrence"