
Vor zwei Wochen schrieb ich den Blog-Artikel über „Schönen Klang“. Ich hatte das Gefühl, dem noch etwas hinzu fügen zu wollen.
Der zentrale Punkt in der Arbeit am Klang ist, dass schöner Klang nur „aus“ einem entspannten Körper entstehen kann.
Dass man sich als Musiker beim Musizieren entspannen kann, dafür sorgt vor allem das Gefühl, im Moment des Musizierens wirklich beim Instrument und sich selbst anzukommen. Mit nichts anderem beschäftigt zu sein, sondern statt dessen ein Stück weit im Musizieren „aufzugehen“.
Über den Klang, den ich erzeuge, ergibt sich dann eine Art Rückkoppelung im Körper: über die physikalische Wirkung des Klangs auf den Hörnerv im Ohr beginnt sich der Körper auf die Tätigkeit „Musizieren“ mehr und mehr einzustellen. Dazu nimmt das Nervensystem eine Neuausrichtung der Muskelspannungen vor, um sie zu optimieren. Im Grunde entsteht das Wohlgefühl im Körper quasi von alleine, sobald ich mich wirklich auf das Musizieren einlassen kann. Und durch die Wohlspannung der Muskulatur optimiert sich wiederum der Klang.
Sicherlich gibt es in der methodischen Trickkiste vieles, womit ich als Lehrerin meinem Schüler dazu verhelfen kann, dem Instrument schöne, angenehme, authentische Töne zu entlocken. Und doch sehe ich vor allem meine Aufgabe darin, Raum zu schaffen: dafür, dass Klang und Mensch zusammen kommen können, und das möglichst ungestört von dem Versuch, von außen auf diese Beziehung manipulierend einzuwirken. Denn schöner Klang entsteht vor allem aus sich selbst.
Übefokus: Deinen Klang finden
Such dir ein Stück, bei dem du am Klang arbeiten möchtest.
Bevor du zu spielen beginnst: Nimm dich selbst einmal wahr. Wie fühlst du dich jetzt? Entspannt? Aufgeregt? Selbstbewusst? Oder ein bisschen ängstlich?
Nimm dein augenblickliches Gefühl einfach wahr. Lass es da sein.
Und wenn du jetzt zu spielen beginnst: Verändere nichts an deinem Gefühl. Wie klingt dein Stück jetzt? Wie klingst DU jetzt?
Kannst du diesen Ausdruck als einen Teil deines Ausdrucksrepertoires zulassen? Auch wenn es vielleicht nicht ganz so klingt, wie du dir das Stück vorstellst?
Um zu einem schönen, vollen Klang zu gelangen, ist es wichtig, alle Facetten unserer Möglichkeiten zuzulassen. Ihnen Raum zu geben. Sie sozusagen mit-spielen zu lassen. Auch den kleinen, häßlichen, kläglichen Klang. Auch das Laute, Rohe, Rauhe. Wenn wir sie zulassen, können sie beginnen zu wachsen. Sich zu verändern, lebendig zu werden. Dann wird vielleicht ein schönes, sensibles Piano aus ihnen. Oder ein kraftvolles, majestätisches Forte.
Doch dafür müssen wir diesen Ausdrucksnuancen erst einmal die Möglichkeit geben, sich uns zu zeigen. Von hier ausgehend kannst du beginnen, dein "persönliches" Piano, dein "authentisches" Forte zu entwickeln. Deinen eigenen, unverwechselbaren Klang. Der ist, wie kein anderer.