
Neulich las ich in der Zeitschrift „Oper und Tanz“ einen Zeitungsartikel über die Einrichtung einer "Lampenfieberambulanz" in der Neurologischen Abteilung am Uniklinikum in Bonn. Dorthin kommen Musiker, die sich vor allem helfen lassen wollen, ihr Lampenfieber zu überwinden. Wie die Ärztin D.Mahkorn schätzt, ist etwa die Hälfte aller professionellen Musiker von Lampenfieder betroffen. Wieso eigentlich?
Dazu sagt Deirdre Mahkorn: „Perfektionismus – nicht zu verwechseln mit Professionalität und ernsthaftem künstlerischem Anspruch – ist der mächtigste Helfer des „bösen Teufels“.“
Und sie beschreibt, wie durch das jahrelange diszplinierte, pflicht- und leistungsorientierte Üben in den Musikern die Überzeugung entsteht, nie gut genug zu sein, immer den Anforderungen hinterher zu laufen.
Der Beruf des Musikers, der von außen so beneidenswert erscheint, weil er so viel mehr Freiheit und Kreativität erlaubt als vielleicht ein Bürojob, kann also zu einem absolut kräfteraubenden, tagtäglichen Kampf werden.
Und obwohl die meisten Musiker sich dieses Problems mehr oder minder bewusst sind, schämen sie sich oft dafür:
„Betroffene bekundeten ihr Interesse, aber zugleich ihre große Besorgnis, dass Kollegen oder Arbeitgeber von ihrem Problem erfahren könnten.“, so beschreibt der Artikel die Resonanz auf die neue Einrichtung am Klinikum.
Lampenfieber entsteht, wenn der Musizierende über eine lange Zeit hinweg den Eindruck bekommt, den an ihn gestellten Ansprüchen nicht genügen zu können. Nicht zuletzt spielt hierfür die Resonanz eine Rolle, die er auf sein Übeverhalten bekommt: zeigen der Musiklehrer oder auch die Eltern in der Kindheit zu selten eine Wertschätzung für das Erlernte, wird im Gehirn eine direkte Verbindung zwischen der Tätigkeit „Musizieren“ und der emotionalen Reaktion aus Versagensangst und Stress immer und immer wieder aktiviert, so dass irgendwann das Musizieren ohne Angst gar nicht mehr möglich ist.
Was kann ich als Lehrerin also tun, um meinen Schülern den Teufelskreis aus Stress, Angst und Versagensgefühlen zu ersparen?
Zum einen ist es wichtig, dem Schüler die Sicherheit zu vermitteln, mit seinen Leistungen akzeptiert zu sein (vgl. hierzu auch das Interview mit dem Hirnforscher Prof. G. Hüther auf meiner Webseite).
Zum anderen lege ich großen Wert darauf, dass eventuell auftretende Spannungen sich gar nicht erst im Körper anstauen. Denn die Körpermuster, die aus Angst entstehen, sind genauso schwierig wieder „loszuwerden“ wie die dazu gehörigen Emotionen. Und hieraus entstehen wiederum viele technische Unsicherheiten, denn nur ein lockerer Körper kann gekonnt spielen und gut klingen.