
Kreativ sein bedeutet für mich nicht unbedingt, künstlerisch tätig zu sein. Ich kann auch kreativ sein, indem ich etwas Leckeres koche, in einem Gespräch eine gelungene Formulierung finde oder den kaputten Reißverschluss repariere. Kreativität kann etwas ganz Alltägliches sein.
Den kreativen Dingen gemeinsam ist, dass sie etwas erschaffen, was so vorher noch nicht da war: die chinesische Reispfanne, die heute ohne Sojasoße auskommen muss; der Satz, der im Gespräch eine neue Betrachtungsweise möglich macht; und der Reißverschluss, durch den die schöne Jacke noch einmal Wertschätzung erfährt, denn ich kann sie zum Glück doch noch tragen.
Dass wir kreativ sein können, unterscheidet uns von den Maschinen. Dass wir uns weiter entwickeln, auf der persönlichen Ebene sowie auf gesellschaftlicher und globaler Ebene, macht uns als Menschen so einmalig.
Es ist uns möglich, uns immer wieder neu zu erfinden und dadurch in der Evolution voran zu schreiten. Dafür braucht es immer wieder neue Betrachtungsweisen, neue Einschätzungen und neue Ideen.
Wir leben in einem Zeitalter, wo ganz offensichtlich wird, dass die alten Strukturen nicht mehr so funktionieren, wie wir es erwarten: wir stehen wirtschaftlich, sozial, und vielfach auch ganz persönlich vor großen Herausforderungen. Es ist absolut notwendig, dass wir beginnen, neue Lösungswege zu beschreiten, anstatt die Dinge immer und immer wieder auf die alte Art und Weise zu tun.
Ganz besonders gilt dies auch für unser pädagogisches System.
Da ich als selbständige Klavierlehrerin keinem Lehrplan folgen muss, habe ich vielfältige Möglichkeiten, Neues in meinem Unterricht einzubringen.
Das Wichtigste ist mir aber, ganz einfach einen Raum dafür zur Verfügung zu stellen, dass kreatives Lernen möglich wird. Unsere Kinder stehen in ein paar Jahrzehnten wahrscheinlich vor noch größeren Herausforderungen als wir es heute tun. Ich möchte ihnen die Möglichkeit geben, dass sie die ihnen inne wohnenden Potentiale entdecken. Ich wünsche mir, dass sie heute damit beginnen können, mit ihren Ideen eine Zukunft zu erschaffen, die auch in fünfzig Jahren noch lebenswert ist.
Klavier spielen lernen ist schön. Aber viel wichtiger ist es, die eigene Kreativität entwickeln zu lernen. Dafür ist der Umgang mit Musik ein vielfältiges, ein reiches und ein freudvolles Forschungsfeld. Ein Feld, auf dem man quasi nebenbei lernen kann, mit den eigenen Fähigkeiten etwas fertig zu stellen. Etwas auf einmalige Weise zu Gehör zu bringen. Für einen Moment einzutauchen in das, was vielleicht in Zukunft noch alles sein kann. Wenn ich dran bleibe. Wenn ich mich bemühe. Wenn ich mich nicht von meinem Ziel abbringen lasse.
Kreativ zu sein bedeutet, mich meinem inneren Reichtum zu öffnen. Und den Reichtum zu erkennen, den uns unsere Welt tagtäglich schenkt. Kreativ sein heisst auch, den äußeren Reichtum erhalten zu lernen. Unsere Welt wert zu schätzen und mich dem Ziel hinzugeben, das Alltägliche zum Besonderen werden zu lassen.
Übefokus: Dinge einmal anders machen
Heute kannst du einmal schon gleich nach dem Aufstehen mit dem "Üben" beginnen !-)
Beobachte, welchen Socken du dir zuerst anziehst: den rechten oder den linken?
Und mit welchem Bein schlüpfst du zuerst in die Hose?
Welchen Ärmel ziehst du zuerst an?
Merke es dir bis morgen und führe unsere Übung dann weiter, oder: zieh alles wieder aus !-))) und:
Zieh einmal den anderen Socken zuerst an. Wie fühlt sich das an?
Wie ist es, zuerst das "zweite" Bein in die Hose schlüpfen zu lassen.
Bei den Ärmeln genauso: wenn du vorher immer den rechten Arm zuerst genommen hast, beginne heute damit, den linken Arm zuerst in den Pullover zu stecken.
Beobachte dabei genau, wie du die Bewegungen und die unterschiedlichen Körperteile koordinierst.
Wenn wir etwas auf ungewohnte Art machen, können wir uns viel leichter bewusst machen, WIE wir etwas tun.
Wie kannst du heute etwas an deinem Klavierüben verändern? Was kannst du heute einmal anders machen? (Du kannst dabei deine Socken gerne anbehalten...)